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People | 06.03.2023

365 Mal im Jahr

Landesrätin Juliane Bogner-Strauß über die Bedeutung des Weltfrauentages und den gemeinsamen Weg als Frauen sowie als Gesellschaft in der Steiermark Richtung Gleichstellung.

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Landesrätin Juliane Bogner-Strauß. © Marija Kanizaj

STEIRERIN: Braucht es 2023 den Weltfrauentag noch?
Juliane Bogner-Strauß: Viele mögen bedauern, dass dieser Tag notwendig ist. Aber ich begrüße es und würde sogar so weit gehen, dass es diesen 365 Mal im Jahr bräuchte. Daher haben wir auch die Gleichstellungsstrategie des Landes Steiermark 2021 ins Leben gerufen.

Vor Kurzem präsentierten Sie gemeinsam mit Soziallandesrätin Doris Kampus das statistische Heft „Gleichstellung in Zahlen“. Welche Erkenntnis daraus überraschte Sie am meisten? In welchen Bereichen hat sich seit der letzten Erhebung 2012 am meisten getan?
„Überraschend“ ist vielleicht das falsche Wort, aber ich bin stolz, dass mehr Frauen als Männer mittlerweile die Hochschulausbildung abschließen und die Erwerbsquote kontinuierlich steigt. Auf der anderen Seite ist leider jede zweite Steirerin teilzeitbeschäftigt, hier braucht es auch vom Bund arbeitsmarktpolitische Verbesserungen! Bei Männern sind es lediglich 11 Prozent.

Welche Maßnahmen werden aufgrund der Erkenntnisse aus der neuen Datenerhebung gesetzt werden müssen?
Die Herangehensweise der Umsetzung der Steirischen Gleichstellungsstrategie folgt einer wirkungsorientierten Logik: Die Steirische Gleichstellungsstrategie ist mit einem Aktionsplan hinterlegt, der alle Maßnahmen zur Zielerreichung beinhaltet. Diese Maßnahmen werden in regelmäßigen Abständen – geplant ist alle drei Jahre – zusammengefasst, analysiert und in einem Wirkungsbericht zusammengefasst. Den ersten dazu erwarten wir im Sommer.

Jede 2. Steirerin ist teilzeitbeschäftigt – bei Männern sind es 11 Prozent. Als Hauptgrund für Teilzeit nennen die Frauen die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen. Warum ist es noch immer so, dass meist die Frauen die unbezahlte Care-Arbeit übernehmen? Welche Unterstützungen sind hier nötig?
Die erste Unterstützungsmaßnahme ist immer, Bewusstsein für das Problem zu schaffen. Es gibt nämlich eine zweite Seite der Medaille: die Väter. Hier müssen wir auch ansetzen und klar sagen: Wir brauchen als Mütter mehr Unterstützung! Vor allem auch was die Rückkehr in den Beruf betrifft. Wenige trauen sich zu – nicht weil sie es nicht wollten – in Vollzeit wieder arbeiten zu gehen. Da müssen wir ansetzen. Und natürlich braucht es ausreichend Betreuungsplätze, Tagesmütter und Kinderkrippen. Aber wir dürfen nicht das Pferd von hinten aufzäumen, den Kampf um unsere Rechte müssen wir auch selbst führen. Es muss gelingen, den Männern mehr Care-Arbeit abzuringen.

 

 

"Es gleich für unmöglich zu halten, ist keine Handlungsoption."

Juliane Bogner-Strauß

 

 

Für mehr Frauen in Vollzeit braucht es neben Vätern, die sich mehr in die Kinderbetreuung einbringen, vor allem mehr Kinderbetreuungseinrichtungen. Tut sich in diesem Bereich genug?  
Das meinte ich gerade. Wir hören vielleicht zu gern, es gibt ja die vielen tollen Betreuungsangebote gar nicht, die es mir ermöglichen würden. Da gibt es noch die Väter und viele von ihnen würden sich gerne mehr einbringen, als sie es dann schlussendlich wegen der finanziellen Rahmenbedingungen tun. Selbstverständlich muss dieser Bereich noch mehr ausgebaut werden. Familienfreundlich kann 2023 nicht bedeuten, dass man als Frau zu Hause bleiben muss. Das geht schon allein wegen der Arbeitsmarktanforderungen nicht.

Von 286 Bürgermeister:innen in der Steiermark sind nur 25 weiblich. Was war für Sie der Grund, in die Politik zu gehen?
Mein Vater und meine Mutter waren in Gamlitz immer schon sehr stark engagiert. Das ist mir also mitgegeben worden, sich auch in einer Gemeinschaft zu engagieren. Politiker:in zu werden ist schon einmal so eine Sache, es noch als Frau zu wagen, ist vielleicht noch einmal eine Herausforderung mehr. Aber es geht! Als ich das Amt der Bunde sministerin antrat, war mein Sohn sechs Jahre. Und natürlich fragt man sich, wie das alles unter einen Hut passen kann. Es aber gleich für unmöglich zu halten, ist keine Handlungsoption. Ich kann nur ermutigen, es zu wagen und es sich zuzutrauen auch als Wunsch zu formulieren.

Welche Veränderungen möchten Sie langfristig in Bezug auf die Geschlechtergerechtigkeit in unserem Bundesland erreichen?
Ich möchte wirklich jeder Steirerin und jedem Steirer nahelegen, die Gleichstellungsstrategie des Landes – zu finden unter www.verwaltung.steiermark.at – einmal durchzulesen. Es geht, mit Verlaub, mir nicht um ein einzelnes Projekt, sondern um unseren gemeinsamen Weg als Frauen und als Gesellschaft in der Steiermark. Ich träume jedenfalls von einer Gesellschaft, die es ihren Mitgliedern, ob Mann, Frau, Kind etc., frei ermöglicht, alle ihre Potenziale einzubringen – ohne Verlustängste.

Sie sind selbst Mutter von drei Kindern – wie schaffen Sie den Spagat zwischen Familie und Beruf?
Einen verständnisvollen Partner und drei entzückende Kinder: Ich bin dankbar dafür, dass wir unsere Familie so organisieren können, wie wir es tun.

Wie sieht bei Ihnen daheim die Rollenverteilung aus?
Das ändert sich dauernd. Jeder macht alles und bringt sich ein. Sonst geht das wahrscheinlich nicht. Hohe Eigenverantwortung und ein vertrauensvoller Umgang machen das möglich. Ich bin dankbar für meine Familie, sie gibt mir Halt.

Wie begehen Sie den diesjährigen Weltfrauentag?
Wir haben eine wunderbare Veranstaltung im Kunsthaus zum Weltfrauentag mit Viktoria Schnaderbeck und dem Verein FELIN. Am Abend treffe ich mit FrauenvertreterInnen in der Bezirkshauptstadt Feldbach zusammen.