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People | 13.02.2023

Baby, du riechst so gut!

Manche Menschen kann man besser riechen als andere. Wie der Geruch uns bei der Partnerwahl beeinflusst, erzählt TV-Psychotherapeutin Dr. Sandra Köhldorfer im Interview.

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© Jasmin Schuller

Zuer Person:
Seit 2014 begleitet Köhldorfer in der TV-Sendung „Hochzeit auf den ersten Blick“ mit Beate Quinn und Markus Ernst heiratswillige Singles, die einem unbekannten Partner das Ja-Wort geben. 2020 veröffentlichte sie das Buch „Das Paar in dir muss Liebe finden“.

 


Die Steirerin Sandra Köhldorfer ist Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin und pendelt zwischen Graz und Berlin. Ihr Spezialgebiet ist die Partnerwahl-, Beziehungs- und Paarforschung, wodurch sie prädestiniert für ihre Rolle als Expertin in der SAT1-Sendung „Hochzeit auf den ersten Blick“ ist. Jeder Mensch besitzt 350 Riechrezeptoren, mit denen er rund 10.000 Gerüche wahrnehmen kann. Im Vergleich zum Riechen gibt es für das Sehen nur drei Rezeptoren. Der Geruchssinn hat auch als Einziger einen direkten Zugang zum Gehirn, genauer gesagt zum limbischen System, das für Gefühle, Belohnung und Triebe zuständig ist. So kann man sagen, dass Düfte ausschlaggebend für Erinnerungen und die Partnerwahl sind. Mit der STEIRERIN hat Köhldorfer über die komplexen Zusammenhänge zwischen Verhalten und Gerüchen gesprochen.

STEIRERIN: Einfach gesagt ist die Entscheidung, wen man „gut riechen kann“, evolutionstechnisch begründet: Am Körpergeruch des anderen wird überprüft, ob der Nachwuchs genetisch gut ausgestattet wäre und sich die Gene genug von den eigenen unterscheiden. Gibt es da keine romantischere Erklärung?
Sandra Köhldorfer: Doch, und zwar Gewohnheit, also wenn man bereits Erinnerungen zu einem Geruch hat. Wenn etwa das neue Date das gleiche Parfum wie der unliebsame Expartner hat, kann es uns schwerer fallen, den Neuen vom Geruch her attraktiv zu finden. Positive oder negative Erfahrungen können sich auf die Wahrnehmung des Geruchs einer Person auswirken.

Ist der Geruchssinn bei allen Menschen gleich gut ausgeprägt?
Wir alle kommen mit einer lebensnotwendigen Riechschleimhaut auf die Welt. Dadurch können wir uns orientieren, Menschen riechen oder nicht und vor allem Nahrungsmittel und andere Stoffe erkennen. Die Sensibilität für Gerüche kann von Person zu Person unterschiedlich sein und auch schwanken etwa bei Schnupfen oder der Einnahme von Hormonen. Riechstörungen sind eher selten, aber was ich oft beobachte ist, dass nur wenige diese Sinneswahrnehmung bewusst wahrnehmen. Dabei kann man riechen sogar trainieren.

Haben Pheromone bei Menschen wirklich eine betörende Wirkung?
Meiner Erfahrung nach spielen die Sexualhormone sehr wohl eine Rolle. Diese Signalstoffe werden von Frauen und Männern auch unterschiedlich wahrgenommen – je nachdem, an welchem Punkt die Frau sich im Menstruationszyklus befindet. Viele versuchen, die körpereigenen Pheromone zu verstärken, und wählen danach ihr Parfum aus. Man kann aber sagen, dass wir den Pheromonen nicht willenlos ausgeliefert sind. Sie können leichte Sympathie- oder Antipathie-­Wahrnehmungen auslösen. Ob aus Betörung mehr werden darf, entscheiden wir aber immer noch bewusst und aufgrund verschiedenster Faktoren.

Was hat der Zyklus einer Frau damit zu tun?
Es gibt Studien, die behaupten, ein Mann kann unbewusst eine Frau rund um den Eisprung aus weiter Ferne wahrnehmen. Andere Studien besagen, dass Frauen um den Eisprung Männer mit mehr Testosteron-Merkmalen wie kantige Gesichtszüge, Behaarung usw. attraktiver finden, an anderen Tagen aber „weichere“ Gesichtszüge. In den Stunden rund um den Eisprung macht es wiede­rum keinen großen Unterschied. Ich empfehle, bei sich selbst zu überprüfen, was zutrifft – und dabei zu beachten, dass die „natürliche Nase“ verändert sein kann, wenn mit der Pille verhütet wird.

Stimmt es, dass es sogar schon beruhigende Wirkung hat, wenn man den/die Partner:in nur riecht?
Absolut. Ich kenne langjährige Paare, die sagen: „Auch wenn wir uns streiten, ich liebe seinen oder ihren Geruch, ich liebe, wie das Bett riecht, da weiß ich, uns trennt so schnell nichts.“

Kann man wirklich riechen, wie der gesundheitliche Zustand einer uns vertrauten Person ist? Und ob sie zu unserem engeren Familienkreis gehört?
Wissenschaftlich erwiesen ist, dass wir Stress und Angst beim anderen riechen können. Das kann uns helfen, empathisch zu sein. Bei Tieren konnte das Riechen von Familienzugehörigkeit eher nachgewiesen werden, bei Menschen nicht eindeutig.  Einen guten Riecher, ob eine Person krank ist oder nicht, haben manche medizinisch arbeitende Personen. Zur sicheren Diagnosestellung reicht riechen aber nicht.

Wie sehr sind wir bei der Partnerwahl von Filmen, Büchern oder Ähnlichem geprägt?
Gesellschaftlich gesehen prägen die Medien häufig Idealbilder, die bei vielen auch mitbestimmen, was sie attraktiv finden und was nicht. Viele vergessen, nach innen zu schauen und zu überlegen: Passt das trainierte Hochglanz-Model wirklich zu mir? Andere versuchen, diesen Ideal­bildern zu entsprechen, und beginnen sich selbst zu optimieren. Sie konzen­trieren sich dann mehr auf sich selbst als auf mögliche Partner:innen. Dabei sollen Medien vor allem eins sein: positive Inspiration und eine Quelle von Role Models. Auch Wurzeln in der Kindheit gibt es: Wir wollen oft wiederfinden, was uns aus der Kindheit vertraut ist, oder jemanden, mit dem wir Ähnliches wiederholen oder erleben können.

Ein schneller Tipp fürs Daten?
So viele Menschen wie möglich daten! Dadurch findest man immer besser heraus, welcher Mensch wirklich langfristig zu einem passt und man lernt sich selbst besser kennen. Ich empfehle eine Liste mit Werten und Eigenschaften aufzuschreiben, die ein:e neue:r Partner:in im Idealfall mitbringen soll. Diese gibt oft Orientierung und Halt in der aufregenden Dating-Zeit.