People | 25.08.2022
Heterosexuell, Frau & Mann und weiter?
Wir teilen unsere Welt in männlich und weiblich, Heterosexualität ist unsere Norm. Dabei gibt es viele Geschlechter und noch viel mehr sexuelle Orientierungen. „Man geht immer von der eigenen Weltrealität aus und überträgt sie auf andere – das funktioniert aber nicht“, sagt Joe Niedermayer.
Die RosaLila PantherInnen sind seit über 30 Jahren erste Anlaufstelle für Schwule, Lesben, Bisexuelle, Trans- und Interpersonen. Der Tuntenball, der 1990 zum ersten Mal ausgerichtet wurde, ist heute ein Höhepunkt der Ballsaison. Mit dem Magazin querformat, informativen Broschüren, unzähligen Jugend- und Peergruppen, Workshop-Formaten und dem umfassenden Beratungsangebot findet man bei den PantherInnen eine kunterbunte Gemeinschaft, die auffängt, zuhört, versteht und hilft. Joe ist Vereinsvorstand und ein Sprachrohr der Community.
STEIRERIN: Wie viele Geschlechter gibt es in Österreich?
Joe Niedermayer: Österreich ist mit sechs Geschlechtsoptionen eines der führenden Länder weltweit. Wir haben die Geschlechtseinträge Frau, Mann, inter, divers, offen und x. Bei Babies, bei denen das Geschlecht bei der Geburt noch nicht klar ist, wählt man meist offen oder x für „kein Eintrag“.
Wie viele Menschen sind trans?
Das kann man nur schätzen. Um vor dem Gesetz trans zu sein, muss man drei medizinische Atteste vorlegen, welche die Transgeschlechtlichkeit bestätigen. Erst dann kann man die Geschlechtseintragung ändern. „Inter“ hingegen ist medizinisch messbar, der korrekwte Begriff lautet „Variation der Geschlechtsmerkmale“. Man schätzt, dass etwa 1,7 % biologisch nicht eindeutig Mann oder Frau sind. Diesen Graubereich zwischen Schwarz und Weiß müssen wir miteinbeziehen.
Was meint man mit „queer“?
Queer ist jede sexuelle Orientierung außer heterosexuell und jedes Geschlecht außerhalb von männlich/weiblich.
Wie steht es um queere Rechte?
Österreich ist eines der fortschrittlichsten Länder weltweit, was Rechte für gleichgeschlechtliche Liebende und Inter-geschlechtliche betrifft. Noch bestehende Diskriminierungen sind etwa die freie Wahl des Geschlechtseintrags, das Blutspendeverbot für Schwule und Unterschiede im Arbeits- und Privatrecht. Im Arbeitsrecht wird Diskriminierung gegenüber Geschlecht, Religion, Hautfarbe, Alter und sexueller Orientierung umfassend behandelt. Ich kann niemanden kündigen, weil er oder sie hetero oder homo ist. Im Privatrecht fehlt das. Ein Restaurantgast darf also das Personal nicht für seine Sexualität beschimpfen, das Personal aber den Gast. Da gibt es juristischen Aufholbedarf.
Warum sind Gesetze so wichtig?
Gleichstellungen schaffen Toleranz und Sichtbarkeit. Das Magistrat Wien hat 2014 eine Umfrage zur Eheöffnung gemacht. Die größte Gruppe war dafür, die kleinste dagegen, der mittleren war es egal. Die Umfrage wurde wiederholt, als die Ehe geöffnet wurde – jetzt waren diejenigen, denen es vorher egal war, doch auch dafür. Das zeigt unser Denken, dass wenn es legal ist, es schon passen wird. Darum ist das Gesetz auch so wichtig für die gesellschaftliche Prägung.
Wie können wir am besten Bewusstsein schaffen?
Am meisten helfen Präsenz und Thematisierung. Die Dinge zu benennen, denn Sprache schafft Realität. Jedes Mal, wenn man gendert oder beim Sprechen eine Pause setzt, wird eine Interperson gestärkt.