People | 26.10.2021
"Mit Mut in die Zukunft, es hilft ja nix."
Text: Stephanie Gaberle • Fotos: www.lukasbeck.com, Rudolf Klaffenboeck
In Ihren Programmen, auch im aktuellen, wird immer wieder die österreichische Kultur überzeichnet dargestellt. Wenn Sie an etwas „typisch Österreichisches“ denken, das Sie mögen – was fällt Ihnen da ein?
Auf jeden Fall die herrliche Ironie, die in vielen Gegenden in Österreich eine Rolle spielt – auch den rauen Charme am Land, wo die Witze mitn „Oasch ins Gsicht“ fahren. Und das alles auch noch in den Dialekten, die ich eigentlich in jedem Bundesland mag. Dialekt ist so lebendig – und im Unterschied zum Hochdeutschen kann ich so Dinge mit viel weniger Silben auf den Punkt bringen. So, das waren drei Dinge, das genügt, man soll es nicht übertreiben mit der Heimatliebe.
In der Show reden Sie so enthusiastisch vom Gärtnern und Arbeiten in der Natur – ist das ehrliche Passion oder triefender Sarkasmus?
Wenn es so ankam, dann war das wohl gut gespielt. Als Kind musste ich am Bauernhof immer mithelfen. Mit Heu arbeiten, neben der Dreschmaschine stehen, während man kaum noch die Hand vor Augen sieht vor lauter Dreck. Und ich habe nun mal eine Stauballergie, was damals noch allen egal war. Also haben diese Erfahrungen ein tiefes Trauma ausgelöst. Und jedes Mal, wenn ich auch nur ein bisschen in der Natur arbeite, kommt das wieder auf und es macht mir keinen Spaß mehr. Prinzipiell gehe ich aber schon gern nach draußen, nur lieber bei schlechtem Wetter – ins Kalte, Feuchte, Dunkle. Zum Seniorenlaufen, wie ich es nenne. Immer schön langsam, wegen der Knie.
Älterwerden ist auch ein Thema, wie geht es Ihnen damit?
Ja, da habe ich mir glücklicherweise leichtgetan, ich war nämlich nie richtig jung. Früher war ich für alle der Schrullige mit der Hornbrille – also war ich schon mit 12 ein älterer Herr und muss mich jetzt kaum umstellen.
Apropos ältere Herren – was meinen Sie, tun sich junge Frauen mit Humor und Bühnenpräsenz mittlerweile leichter in der Szene?
Es wird zumindest immer besser, finde ich. Es gibt viele junge Frauen mit großartigen Talenten, die ein Vorbild für andere sein können, mehr Aufmerksamkeit bekommen und das alles vorantreiben. Das ist sehr schön zu sehen! Und die alten Männer treten langsam ab – ich bin ja auch schon ein bisschen fertig, sieht man am Programm. Zu fertig aber auch nicht, ich hoffe, man merkt, dass ich mich bemüht habe, nicht nur zynisch, sondern gefühlvoll-zynisch zu sein.
In Ihrem Programm wird auch ein Hashtag thematisiert. Warum ist #achtsamkeit oft gar nicht so progressiv und förderlich, wie es propagiert wird, und füttert im Prinzip nur die neoliberale Idee der Zwangsleistungsgesellschaft?
Ja, das ist der letzte Schmäh vom Kapitalismus. Den jungen Menschen wird erzählt, streng dich an, gib alles, gründe ein Unternehmen – aber #achtsam –, dann kannst DU es schaffen und kriegst was vom Kuchen ab. Es wird auf das Individuum abgezielt und viel dafür getan, dass sich Leute nicht als Gruppe fühlen, die sich eigentlich solidarisieren sollten. Dieses Narrativ mit „I komm aus eigener Kraft da raus“ stimmt immer weniger.
Haben Sie eigentlich gewusst, dass junge YouTuber in Videos Ihren Humor analysieren und sich dabei teilweise schwertun mit dem Format Kabarett?
Wegen des Zynismus? Nun, ich selbst würde schon sagen, dass es definitiv eine Verbindung zwischen mir und Comedy gibt, vor allem wenn es in die Richtung des schärferen amerikanischen oder englischen Stils geht. Mit solchen Sachen war ich auch viel in Deutschland in Comedy-Shows unterwegs. Was mich persönlich sehr geprägt hat, war ein altes Woody-Allen-Stand-up-Programm aus den 60ern, das ich in Wien als Junger in einem Schallplattengeschäft gefunden habe. Also zunächst habe ich kaum was verstanden – aber dann war das eine große Inspiration.
Ich habe Sie auch schon auf TikTok gesehen, kommt da mehr?
Ja genau, das war bisher aber nur eine Einzelaktion. Ich kenne die App noch zu wenig, finde es aber eine coole Idee, mit wenig Geldmittel ein großes Publikum zu erreichen. Also vielleicht, wenn mich dann auf Bühnen niemand mehr sehen will, steige ich einfach um auf TikTok.
Passt TikTok besser zu unserer immer kürzer werdenden Aufmerksamkeitsspanne?
Ja, wobei ich dann nicht verstehe, wie die Menschen trotzdem immer länger werdende Serien schauen können – das schaffe ich persönlich nicht.
Wer weiß, vielleicht schauen die gar nicht mehr, sondern sind nebenbei nur am Handy?
Das könnte sein, ja. Dann braucht es in Zukunft bald eine eigene Sparte an Formaten, bei denen man nix verpasst, wenn man daneben am Handy herumdrückt.
Wie geht es Ihnen allgemein, wenn Sie an die kommende Generation denken, sind Sie optimistisch?
Ja, bin ich. Weil die jungen Leute sich engagieren, was weiterbringen, aufstehen. Die, die dagegenhalten, sind meistens die Alten. Die haben am meisten Angst vor der Zukunft, obwohl sie selbst am wenigsten Zukunft haben. Ich glaube, das hat irgendwann hormonelle Gründe, irgendwelche optimistischen Hormone gehen weg und man wird mutlos. Deswegen bemühe ich mich, zukunftsfroh zu sein, und meistens gelingt es mir.

Glauben Sie, wir kriegen das mit dem Klima noch hin?
Schwierig, das ist ein Riesenproblem. Der Mensch mag auf nichts verzichten müssen und beginnt dann erst panisch damit, wenn er einen Umstand nicht mehr ignorieren kann. Da haben wir also einiges zu tun. Als ich jung war, hatten wir ein anderes Thema, da machte man sich permanent Sorgen, dass wegen der Atommächte ein dritter Weltkrieg ausbricht, und alles ist anders gekommen, ich versuche, Zuversicht zu bewahren. Also: Mit Mut in die Zukunft, es hilft ja nix.
Apropos Zukunft: Wie geht es weiter, ich habe gehört, es ist ein Film über das Landleben geplant?
Jawohl, wenn alles gut geht, fangen wir nächsten Mai, Juni mit den Dreharbeiten an. Ich komme vom Land und gerade jetzt in komischen Zeiten spürt man, was das eigentlich für ein interessanter Sozialraum ist. Du kannst dort nicht in deiner Blase bleiben, sondern musst mit den verschiedensten Haltungen und Menschentypen umgehen lernen. In der Zeit, in der sich alles auseinanderdividiert, ist das Land spannend.
Der Winter naht und in „Hader on Ice“ geht es einmal um den Nikolaus – warum erzählen Erwachsene den Kindern solche Geschichten?
Ich denke, Erwachsene sehnen sich ihr ganzes Leben nach dieser Magie, der Idee, dass da etwas Zauberhaftes in unserem Alltag ist. Und deshalb geben sie das so an ihre Kinder weiter und erleben es durch ihre Augen noch einmal neu. Wir alle wollen Geschichten hören – deswegen kommen die Menschen auch ins Kabarett. Bei „Hader Privat“ habe ich dieses Element genutzt und mehr Übernatürliches, Fantastisches eingebaut. Das hab ich auch bei „Hader on Ice“ versucht, diesmal nur etwas düsterer.
Sie spielen am Ende des Programms mal wieder Klavier – haben Sie da in Ihrer Jugend eine Menge Disziplin reingesteckt?
Viel zu wenig, leider! Ich habe in der Schule mit Akkordeon angefangen, bin dann zu Klavier übergegangen und habe gleich wieder aufgehört aufgrund akuter Durchfallgefahr. Ich muss jedes Lied sehr oft üben, damit es so klingt, wie es jetzt klingt.
Zu Beginn von „Hader on Ice“ heißt es kurz, es wäre Ihr letztes Kabarettprogramm – das ist hoffentlich nicht ernst gemeint?
Nein, ich bin wohl eine Figur, die immer wieder irgendwo auftaucht und anscheinend nicht wegzukriegen ist. Der Auffassung, dass ich völlig massentauglich bin, bin ich jetzt nicht, aber die Engagierten im Publikum kommen und schauen sich das auch die vollen zwei Stunden an. Und solange das so ist, komm ich gerne wieder.
Zur Person:
Josef Hader, geboren 1962 in Waldhausen, Oberösterreich. Seine ersten Kabaretterfahrungen sammelte er 1980 an der Schule – meist mit kritischen Nummern über Lehrer vor Schülern. Hader ist einer der bekanntesten und populärsten Kabarettisten des Landes, der auch als Hauptdarsteller und Drehbuchautor für einige der erfolgreichsten österreichischen Filmproduktionen mitverantwortlich war.