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People | 17.08.2021

Wort-Welten

Von Altaussee in die Welt und wieder zurück. Anlässlich des 80. Geburtstags von Barbara Frischmuth sprach die STEIRERIN mit der bekannten Autorin über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

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© Thomas Luef

Als Kind wollte sie Tierärztin werden. Ein Glück für die Literaturwelt, dass die Leidenschaft zur Sprache dann doch siegte. Barbara Frischmuth, eine der bedeutendsten Autorinnen der österreichischen Gegenwart, feiert Anfang Juli ihren 80. Geburtstag. Nun erschien ihr neues Buch „Dein Schatten tanzt in der Küche“. Inhalt: Sechs Variationen über Selbstbehauptung und Einsamkeit, sechs Frauenschicksale, sechs Versuche, sich nicht unterkriegen zu lassen – weder von Männern noch von den Zeitläufen und schon gar nicht vom Alter. Eine Beschreibung, die auch auf das Leben von Barbara Frischmuth zutreffen könnte.
Bei einem Besuch in ihrem persönlichen Paradies in Altaussee verriet die Autorin der STEIRERIN ihre schriftstellerischen Anfänge, wie sie ihren Geburtstag feiern wird und was auf ihrer To-do-Liste ganz oben steht.

STEIRERIN: Frau Frischmuth, Sie haben schon immer von starken, sensiblen, sinnlichen Frauen erzählt, die sich behaupten müssen. Auch in Ihrem aktuellen Buch ist das Thema. Wie entstand die Idee zu den neuen Erzählungen?
Barbara Frischmuth: Die Idee war ursprünglich, ein Best-of meiner Erzählungen herauszubringen. Wann würde das besser passen als zum 80. Geburtstag. Anfänglich war es angedacht, nur eine neue Geschichte zu ergänzen. Aber als ich dann anfing zu schreiben, entstand eine neue Erzählung nach der anderen.

Hatten Sie selbst das Gefühl, sich als Frau in der Literaturwelt mehr behaupten zu müssen?
Ich persönlich nicht wirklich. Mir waren auch in jungen Jahren starke Frauen nicht fremd. Meine Mutter musste während des Krieges das Hotel in Altaussee alleine schaukeln. Meine Tante hat Philosophie studiert und immer gerne geschrieben. Durch diese Vorbilder hatte ich einen Vorsprung. Ich habe aber über die Jahre viele Frauen kennengelernt, die andere Erfahrungen gemacht haben.

Sehen Sie heute eine Gleichstellung von Frauen und Männern in der Literatur?
Die Entwicklung ist prinzipiell sehr positiv. Wenn man aber genau hinschaut, sieht man – oft zum Beispiel anhand neuer Buchprogramme –, dass der Anteil von Frauen und Männern sehr selten auf dem gleichen Level ist.

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© Thomas Luef

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© Thomas Luef

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© Thomas Luef

Blicken wir zurück zu den Anfängen – wann begannen Sie denn mit dem Schreiben vom Texten?
Schon sehr früh, im Volksschulalter. Unterbrochen wurde mein schreiberischer Tatendrang nur von der Pubertät, da hatte ich andere Dinge zu tun (lacht). Aber schon kurz danach fand ich zu meiner Leidenschaft für Worte zurück.

Sie sind als Förderin junger Talente bekannt. Haben Sie einen Tipp für aufstrebende Autorinnen und Autoren?
Durchhalten, denn der Anfang ist oft sehr schwierig. Heutzutage hat man nicht mehr so viel Zeit, sich zu entfalten. Die Ketten der Wirtschaft ziehen viel stärker an einem.

Stichwort: 80. Geburtstag. Wissen Sie schon, wie Sie das Jubiläum feiern werden?
Coronabedingt in einem sehr kleinen Kreis. Aber das passt mir ganz gut. Ich bin kein Fan von zu großen Festivitäten. Davon hat man selbst oft wenig. Am besten sind gerade so viele Leute, dass alle noch miteinander reden können.

Das Thema Sterben kommt immer wieder in Ihren Büchern vor. Wie gehen Sie selbst damit um?
Gerade zum anstehenden Geburtstag wird das immer wieder kommentiert. Aber für mich ist es einfach das Natürlichste auf der Welt. Ich sehe das Thema entspannt, vor allem solange ich halbwegs gesund bin und mein Hirn noch funktioniert.

Auf mich machen Sie einen sehr fitten Eindruck.
Das hat damit zu tun, dass ich mich an gewisse Dinge halte. So mache ich täglich in der Früh meine Übungen und auch die Gartenarbeit hält mich fit.

Sind neue Buchprojekte in Planung?
Wenn, dann höchstens Aphorismen oder kleine Textstücke. Die Arbeit am neuen Buch war sehr energieintensiv, da brauche ich jetzt eine kleine Auszeit.

Haben Sie eine persönliche To-do-Liste?
Ich war über die Jahre wirklich weltweit unterwegs, aber noch nie in Spanien. Dort würde ich gerne einmal hinfahren. Außerdem will ich weiter wissenschaftliche Literatur lesen, weil ich auf diese Weise die Welt am besten verstehen kann. Und in dem Moment, wo mir etwas einfällt, werde ich auch wieder schreiben.

Das neueste Buch von Barbara Frischmuth: „Dein Schatten tanzt in der Küche“ (Aufbau Verlag)

© beigestellt


Zur Person

1941 in Altaussee geboren, studierte Barbara Frischmuth Türkisch, Ungarisch und Orientalistik und ist seitdem freie Schriftstellerin. Seit einigen Jahren lebt sie wieder in Altaussee. Neben Erzählungen und Essays veröffentlichte sie vier literarische Gartenbücher und zuletzt den Roman „Verschüttete Milch“ (2019), der zum Bestseller wurde.