People | 16.11.2020
"Kinderrechte sind gleich Menschenrechte …

STEIRERIN: Nur Kinder, die ihre Rechte kennen, können diese auch einfordern. Am 9. November startet daher die 5. Steirische KinderrechteWoche. Was werden die Schwerpunkte sein?
Juliane Bogner-Strauß: Die letzten Monate haben gezeigt, welche Belastungen auf Kinder und Jugendliche und ihre Familien einwirken. Gerade in diesen herausfordernden Zeiten ist es besonders wichtig, auf Kinderrechte aufmerksam zu machen. „Jetzt erst RECHT!“ lautet der Slogan, der die KinderrechteWoche 2020 begleitet, weil es besonders in Krisenzeiten wichtig ist, Kinderrechte sichtbar zu machen. Es hätte viele Veranstaltungen, Workshops und Aktionen gegeben, die aufgrund der neuen Corona-Regelungen so gut wie möglich in den digitalen Raum verlegt werden. Dazu zählen die Workshops der Steirischen Bibliotheken, das Mitmischen in Museen oder der Charity-Song-Contest „Gib den Kinderrechten eine Stimme“, bei dem bekannte KünstlerInnen sowie Kinder und Jugendliche mitmachen werden.
Warum ist es so wichtig, Kinder und Jugendliche für ihre Rechte zu sensibilisieren?
Kinderrechte sind eine besondere Form der Menschenrechte und daher für mich nicht verhandelbar. In Österreich gelten diese seit über 30 Jahren und haben mittlerweile sogar Verfassungsrang und stehen auf wirklich guten Säulen. Gerade in Zeiten der Unsicherheit sind Klarheit und Struktur essenziell, damit sich Kinder und Jugendliche daran orientieren können. Um sich an gesellschaftlichen Themen beteiligen zu können, benötigt man das Wissen darüber, dass die persönlichen Meinungen und Vorstellungen willkommen sind und Gehör erfahren.
In welchen Bereichen gibt es noch Aufholbedarf?
Tatsächlich gibt es noch viel zu tun, um Kinder und Jugendliche, aber auch deren erwachsenes Umfeld über die Kinderrechte zu informieren und den Bezug zu ihren Lebenswelten sichtbar zu machen. Ungleichgewichte, die bereits vorher bestanden, treten jetzt noch deutlicher hervor. Der Begriff „Chancengleichheit“ sollte als Konsequenz der aktuellen Herausforderungen neu gedacht werden.
2020 ist alles anders. Inwiefern beeinflusst Covid-19 das Leben von Kindern und Jugendlichen?
Die Pandemiesituation hat in den letzten Monaten unsere Gesellschaft entscheidend geprägt und auch verändert. Ich habe schon mehrmals betont, dass unsere Jüngsten auf keinen Fall zu den Verlierern dieser Zeit zählen dürfen und wir alles tun müssen, um zum Beispiel Schulen und Kindergärten im Normalbetrieb, so lange es möglich ist, offen zu halten. Welche längerfristigen Konsequenzen das Pandemiegeschehen auf die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen haben wird, bleibt abzuwarten. Erste wissenschaftliche Studien zur psychischen Belastung durch Covid-19 bei Kindern und Jugendlichen signalisieren, verständlicherweise, Verunsicherung. Hier wird in Zukunft mit Sicherheit Handlungsbedarf bestehen.
Die Steiermark soll zum sichersten und kinderfreundlichsten Bundesland Österreichs werden. Wie soll das erreicht werden?
Gerade in Zeiten wie diesen ist es daher erst recht wichtig, auf die Kinderrechte aufmerksam zu machen, damit sie auch jetzt beachtet, in den Alltag integriert und gelebt werden. Denn die Kinder und Jugendlichen von heute sind die Zukunft von morgen. UND: Sie sind auch die Gegenwart! In der Steiermark haben wir das Beratungstelefon sowie das Elterntelefon und die Mobbingstelle der Kinder- und Jugendanwaltschaft – hier bekommen Eltern, Großeltern und Erziehungsberechtigte kostenlos Beratung und Unterstützung. Darüber hinaus gibt es Kinderrechte-Workshops in Schulen sowie Aus- und Weiterbildungen für Erwachsene.
Hat Mobbing in den letzten Jahren zugenommen?
Wenn man sich die jüngsten Ergebnisse der „kija Österreich-Studie“ aus dem Jahr 2020 ansieht, scheint diese Aussage durchaus begründet. Kinder und Jugendliche in Österreich haben das Recht auf Schutz vor Gewalt, ein Recht auf Gesundheit, ein Recht auf Gleichheit sowie ein Recht auf Bildung. Mobbinghandlungen verletzen all diese Kinderrechte massiv. Mobbing gibt es schon lange, allerdings nimmt es aufgrund der vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten und des raschen Informationsflusses der heutigen Zeit eine neue Dimension an. Dessen müssen wir uns bewusst sein, das sage ich auch als Mutter. Rund ein Viertel der befragten Jugendlichen gab bei der Studie an, mindestens einmal in den Social-Media-Plattformen beleidigt worden zu sein.
Was kann man gegen Mobbing tun?
Wahrscheinlich wird es nie möglich sein, Mobbing ganz einzudämmen, aber durch konsequente Präventionsarbeit und rasche und nachhaltige Intervention bei einem Mobbingfall kann ein wichtiger Beitrag für eine gesündere Entwicklung von Kindern und Jugendlichen geleistet werden. Hier müssen wir noch weiter sensibilisieren, Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern und MultiplikatorInnen aufklären. Im Bereich Cybermobbing werden wir im nächsten Jahr noch Akzente setzen.
Sie sind selbst Mutter von drei Kindern – wie sprechen Sie das Thema Kinderrechte im privaten Umfeld an?
Indem wir als Eltern einfach nicht müde werden dürfen, immer wieder unsere Kinder darauf aufmerksam zu machen, wenn über Ungerechtigkeit berichtet und gesprochen wird. Wir haben als Eltern dahingehend eine große Vorbildwirkung und Verantwortung. Kurzum, es muss mehr darüber gesprochen werden und Kinder müssen ihre Rechte besser kennen.