People | 29.06.2020
Frauen. Stärken. Aufzeigen.
Im und um das Landhaus in Graz ist es bei unserem Besuch ruhig. Noch halten die Corona-bedingten Einschränkungen das sonst so rege Treiben in Schach. Auch im Büro von Landtagspräsidentin und VP-Frauen-Landesleiterin Manuela Khom im ersten Stock war es die letzten Wochen oft ungewöhnlich leise. Doch langsam kehrt der politische Alltag wieder ein. Und damit auch der starke Einsatz der Politikerin für die Interessen der Frau.
STEIRERIN: Frau Khom, wie waren die letzten Wochen für Sie persönlich?
Manuela Khom: Entspannend und lehrreich zugleich. Da alle geplanten Veranstaltungen abgesagt werden mussten, hatte ich jedes Wochenende frei. Ich weiß nicht, wann dies zuletzt der Fall war – wahrscheinlich bevor ich in die Politik gegangen bin. Auf der anderen Seite war die Zeit sehr lehrreich. Es gab jeden Tag Videokonferenzen – etwas, wogegen ich mich davor immer gesträubt hatte. Aber ich musste feststellen, dass das doch ganz praktisch ist.
Sie sind als Optimistin bekannt. Wie blicken Sie aktuell in die Zukunft?
Die Situation aufgrund von Covid-19 hat auch mir Sorge bereitet, weil man einfach nicht weiß, was da genau auf einen zukommt. Aber mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass Österreich die Herausforderung gut gemeistert hat. Und ja, ich bin Grundsatz-Optimistin. Auch in der aktuellen Situation kann man Positives sehen. So hat sie zum Beispiel gezeigt, mit wie viel Kreativität Frauen wirtschaftlich auf die Umstände reagiert haben.
Inwiefern?
Ich kenne viele Frauen, die als EPUs tätig sind. Da wurde sofort versucht, mit Kreativität und unternehmerischem Denken zu schauen, wie man über die Krise kommen kann – und das miteinander. Plötzlich stand das Netzwerken und der Austausch viel mehr im Vordergrund als davor. Eine Eigenschaft, die normalerweise eher Männern zugeschrieben wird. Diese Entwicklung hat mich persönlich sehr gefreut.
Trotzdem machen Sie sich Sorgen über die Situation der Frau. Warum?
Natürlich gibt es Fortschritte, aber ich orte aufgrund der aktuellen Umstände auch Rückschritte, was die Situation der Frau betrifft.
Gerade über Vorbilder lässt sich viel an
der Denkweise der Gesellschaft ändern.
Landtagspräsidentin
Manuela Khom
In welchen Bereichen genau?
Ich war der Meinung, dass wir in puncto Gleichwertigkeit von Mann und Frau schon sehr weit sind. Aber gerade in dieser Krise hat sich gezeigt, dass man erwartet, dass sich die Frau trotz ihres Jobs im Homeoffice um das Kochen, die Wäsche und die Kinder kümmert. Und auch in wirtschaftlichen Bereichen habe ich mitbekommen, dass Frauen verstärkt ins Homeoffice geschickt wurden, während Männer auf derselben Ebene im Betrieb vor Ort belassen wurden, um Entscheidungen zu treffen. Da gilt es jetzt bei der Bewusstseinsbildung für ein gleichwertiges Miteinander doppelt stark anzusetzen.
Wie kann man die Position der Frau stärken?
Wenn ich es genau wissen würde, dann wären wir schon weiter. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir dieses Herzeigen brauchen. Das Herzeigen, dass es auch anders geht. Das muss mehr gelebt werden, damit es auch im Alltag als normal angesehen wird. Auch auf der Wirtschaftsebene braucht es viel mehr dieses Präsentieren von Frauen, die vorne stehen und entscheiden. Es muss vollkommen normal sein, dass der, der vorne steht, entscheidet, egal ob Mann oder Frau.
Sie sind auch Landesleiterin der VP Frauen – sind dies auch Punkte, wo die VP Frauen verstärkt ansetzen?
Wir sind ganz massiv an diesen Themen dran und bekommen da auch starke Unterstützung von der Politik in Wien. So können wir uns dafür einsetzen und vor allem genauer hinschauen. Wir leben leider schon in einer Gesellschaft, die gerne einmal wegschaut. Ein Problem, vor allem wenn es zum Thema Gewalt gegen Frauen kommt.
Orten Sie hier aufgrund von Covid-19 eine Verschlechterung der Situation?
Das Problem einerseits ist, dass viele Frauen gar nicht die Möglichkeit hatten, es kundzutun. Andererseits sind aktuell sicher Frauen – aufgrund der räumlichen Enge und der Existenzängste – betroffen, die davor keiner Gewalt ausgesetzt waren.
In der heutigen Zeit, wo man davon ausgeht, dass jede Frau selbstbewusst und stark ist, ist das größte Problem aber nach wie vor, dass Frauen sich schämen, zuzugeben, betroffen zu sein. Diese Scham muss genommen werden. Ziel ist es, Frauen bewusst zu machen, dass sie sich nicht schämen müssen, sondern derjenige, der gewalttätig ist.
Sie sind Mutter zweier erwachsener Kinder … wie haben Sie Ihren Kindern die Ihnen wichtigen Werte vermittelt?
Wir haben die uns wichtigen Dinge daheim immer sehr offen angesprochen und haben selbst als Vorbilder fungiert. Gerade über Vorbilder lässt sich viel an der Denkweise der Gesellschaft ändern. Und ein Vorbild kann jeder Einzelne von uns sein.