People | 14.11.2018
Große Diva mit kleinen Wünschen
Eines darf auf den Reisen von Opern-Diva Natalia Ushakova nie fehlen: steirisches Kürbiskernöl. „Ich verwende es täglich, daher kommt es auch bei Reisen in die fernsten Länder mit ins Gepäck.“ Die Liebe zum schwarzen Gold aus der Steiermark geht zurück auf die Zeit, als es die gebürtige Russin 1996 für ein Stipendium an der Oper nach Graz zog. Aber auch abseits der Kulinarik entfachte die Steiermark große Gefühle bei Ushakova. So lernte sie hier ihren Mann kennen und lieben.
Jedoch war der Anfang in der Murmetropole alles andere als leicht. „Ich wohnte im feuchten Keller mit kaltem Wasser am Gang und musste mir nebenbei mein Überleben mit Putzen und Bügeln finanzieren.“ Mittlerweile hat sich das Leben der Sängerin um 180 Grad gewendet und sie füllt mit ihrer Stimme Opernhäuser weltweit – von der Mailänder Scala über die Wiener Staatsoper bis zur Metropolitan Opera in New York. Die Liebe zu Österreich als ihrer neuen Heimat ist ihr dabei aber geblieben.
Wie ist Ihre Leidenschaft zur Musik entstanden?
Maria Callas sagte über sich: „Obwohl ich erst vier Jahre alt war, wurde einfach entschieden, dass ich gut im Singen war. Ich habe es gehasst. Deswegen hatte ich auch immer diese Hassliebe zum Gesang.“ Ich habe für mich ganz alleine entschieden, dass ich Sängerin werden wollte, und empfinde nur Liebe zum Gesang. Ich war schon mit vier Jahren ein sehr lustiges, unternehmungsfreudiges Kind, habe gerne getanzt, so laut und hoch gesungen, wie ich nur konnte. Die Leute haben sich amüsiert und mir großen Beifall geleistet.
Warum Oper und nicht Jazz oder Pop?
Jede Musikgattung und jeder Mensch hat eine eigene energetische Schwingung und Vibrationen. Da gibt es eine Anziehungskraft genauso wie zwischen Menschen und mich hat schon immer die Klassik angezogen. Wir schwingen auf einer Ebene.
Sie haben an allen großen Opernhäusern der Welt gesungen. Welcher Auftritt ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Mein Debüt an der Metropolitan Opera in New York. Ich war damals noch Studentin und durfte mit dem Mariinsky Theater das erste Mal mit auf Tournee nach Amerika und gleich an die atemberaubende Metropolitan Opera in NY. Gesungen habe ich dort die Partie des Polowetz Mädchens, die im Grunde aus einer wunderschönen Arie bestand. Für mich eine unglaublich tolle Gelegenheit. Besonders groß aber war die Überraschung, als ich beim Schlussapplaus mit dieser kleinen Rolle plötzlich tobende Standing Ovations erntete. Die Überraschung war sogar so groß, dass selbst dem Dirigenten der Mund vor Erstaunen offen blieb. Das Rätsel löste sich, als dann die Primaballerina, die die berühmten Polowetztänze im selben Kostüm getanzt hatte, auf die Bühne kam. Das Publikum hatte mich mit ihr verwechselt und so erntete ich den größten Applaus des Abends.
Haben Sie eine Lieblingsoper?
Giuseppe Verdi hat „La Traviata“ für seine große Liebe Giuseppina Strepponi geschrieben. Er war beflügelt von seiner Liebe zu ihr und hat dieses Werk während der Flitterwochen in Paris geschrieben. „La Traviata“ wurde zu einem Aushängeschild für die Oper und ich habe damit Wettbewerbe gewonnen, habe mit BBC einen Film als Giuseppina Strepponi gedreht, machte damit mein Debüt an der Wiener Staatsoper und habe das Werk inzwischen über 300 Mal gesungen. Die Rolle der Hauptfigur Violetta Valery nimmt eine sehr zentrale Stellung in meinem musikalischen Leben ein und Placido Domingo meinte einmal zu mir, ich sei Violetta „von den Zehenspitzen bis zum Scheitel“.
Ihre musikalische Ausbildung führte Sie von St. Petersburg auch nach Graz. Was ist davon in besonders guter Erinnerung geblieben, was vielleicht in schlechter Erinnerung?
Eine Kommission der Grazer Kunstuniversität, bestehend aus dem Rektor, einem Dirigenten und einem Regisseur, kam nach St. Petersburg und machte dort ein Vorsingen für die Hauptrollen im Grazer Opernstudio. Man wählte aus über 400 Gesangsstudenten am Ende drei aus und ich war dabei. Ich lernte in Graz nicht nur Deutsch und die großen Mozartpartien, sondern auch großartige Freunde und wunderbare Menschen kennen, die mich bis heute begleiten. Der Tatsache, dass ich dort anfangs im feuchten Keller mit kaltem Wasser am Gang hausen und mir nebenbei noch mein Überleben mit Putzen und Bügeln finanzieren musste, weine ich inzwischen längst keine Träne mehr nach. Ich backte meinen ersten Apfelstrudel, lernte meinen steirischen Mann kennen und bekam neben dem ersten Kuss auch noch die österreichische Staatsbürgerschaft. Außerdem entdeckte ich das hervorragende steirische Kürbiskernöl, welches ich seitdem in die ganze Welt mitnehme und täglich verwende.
Sie sind beruflich auf der ganzen Welt unterwegs … wie und wo finden Sie Erholung?
Ich liebe die Natur, die Tiere und den Frieden besonders der österreichischen Berge und Wälder. Das Vogelgezwitscher, das Rauschen der Bäche und das Suchen von Pilzen. Einmal war die Sehnsucht so groß, dass ich nach meiner Rückkehr aus New York wegen der langen Abwesenheit direkt vom Flughafen noch mit den Stöckelschuhen in den Wald lief (lacht).
Was bedeutet Heimat für Sie?
Ich fühle mich als Weltbürger und zu Hause bin ich auf allen Bühnen und da, wo meine Lieben sind.
Zur Person
- Ab 1991 Gesangsstudium am Rimski-Korsakow-Konservatorium in Sankt Petersburg
- 1996 Stipendium für das Grazer Opernstudio
- 1998 Fortsetzung des Gesangsstudiums mit der Meisterklasse an der Hochschule für Musik und Theater München
- Ab 1999 besuchte sie die Accademia di perfezionamento des Teatro alla Scala in Mailand
Auszeichnungen
- 2000: Siegerin des „Concorso Internazionale Riccardo Zandonai“ in Rovereto in Italien
- 2000: Siegerin des „Concorso delle voci verdiane“ in Busseto in Italien
- 2009: Kulturpreis 2009 von „Leading Ladies Awards“, Österreich
- 2011: Ladypower Award 2011 von „Living Culture“ Austria