People | 20.02.2018
Musik als zweite Muttersprache
Wer die Dornrosen kennt, liebt sie. Nicht nur, weil sie drei bezaubernde Charaktere sind, sondern weil sie auf der Bühne mit einer locker-femininen Grazie die Sau rauslassen können, mit ihren intellektuell-skurrilen Texten verblüffen und mit ihrem Witz unterhalten. Die gebürtigen Steirerinnen haben die Musik bereits mit der Muttermilch aufgesogen und geben diese Passion jetzt auch an ihr Publikum bzw. an ihre eigenen Kinder weiter. Beim Treffen mit den drei Damen in einem urigen Heurigenlokal in Gumpolds-kirchen (NÖ) kam es zum Seelenstriptease.
Ihr stammt aus einer sehr musikalischen Familie. Hat man da eigentlich die Chance, etwas anderes als Musik zu machen?
Christine: Ich war zwar immer sehr musikalisch engagiert, wollte aber eigentlich etwas in die Richtung bildnerisch-künstlerisch machen, Designerin, Grafikerin, Malerin. Das habe ich auch kurzzeitig gemacht, aber gemerkt, ohne Musik geht es nicht. Dadurch, dass wir uns dann als Dornrosen formiert haben, hat für mich beides geklappt – da ich ein Buch illustriert und auch die Grafik für die Band gemacht habe.
Veronika: Bei den ersten Probeversuchen als Dornrosen war ich 15. Bei meiner Matura war das Projekt schon so groß, dass ich mir gar nichts anderes mehr vorstellen konnte. Und das habe ich nie bereut.
Auf der Bühne macht ihr eine Mischung aus Kabarett und Musik …
Christine: Wobei ich sage, dass wir keine echten Kabarettisten sind. Dafür sind wir viel zu positiv. Echte Kabarettisten sind oft extrem pessimistisch und destruktiv. Das Kabarett lebt ja vom Zynismus. Bei uns ist er nur marginal vorhanden, aber mit einer großen Portion Selbstironie und positiver Energie.
Veronika: Klaus Eckel hat mal ganz lieb zu uns gemeint: „Ihr könnt gar keine Kabarettisten sein, dafür seid ihr viel zu gute Musiker.“
Eure Texte sind intellektueller, als sie vielleicht auf den ersten Blick scheinen. Was wollt ihr dem Publikum vermitteln?
Veronika: Unsere Texte haben viel Inhalt, aber sie haben auch eine extreme Lockerheit. Auch beim Musizieren ist das so, da sind musiktechnisch extrem schwierige Sachen dabei, aber man hört es nicht, wir versuchen es so natürlich wie möglich zu machen. Mein eigener Anspruch ist die Leichtigkeit.
Katharina: Die Lockerheit wollen wir vor allem den Damen mitgeben. Ich sehe es als Mutter eines Zweijährigen in diversen Kinderspielgruppen. Da gibt es so viele verbissene Mütter, die sich und ihren Kindern vieles aufzwingen, wie etwas oder jemand sein muss.
„Das ist kein Geldprojekt, sondern ein Herzensprojekt.“
- Dornrosen
Apropos Kinder – wie steht es um euer Privatleben?
Christine: Wir haben alle drei einen Musiker als Partner. Man versteht den anderen, es gibt kein Ungleichgewicht, natürlich sind beide daher auch öfter unterwegs. Unsere Eltern unterstützen uns sehr viel. Ich habe drei Kinder (Anm.: 6 J., 3 J. und 9 Monate), da muss eine gute Zeiteinteilung her.
Katharina: Wir sind alle in sehr glücklichen Langzeitbeziehungen und glauben, dass unser Beruf dazu beiträgt. Von unserem Elternhaus haben wir die Beziehungsfähigkeit mitbekommen.
Veronika: Ich bin verheiratet, habe aber noch keine Kinder. Deswegen hab ich nun die Chefrolle bei den Dornrosen übernommen (lacht).
Wie viele Auftritte macht ihr pro Jahr?
Katharina: Früher haben wir 170 gemacht, derzeit sind es – auch bedingt durch die Kinder – 80 bis 100. Wir sind ja auch Hausfrauen nebenher.
Christine: Obwohl wir viel unterwegs sind, lagern wir die Kindererziehung nicht komplett aus. Meine Kinder sind erst sehr spät in den Kindergarten gegangen. Der Jüngste ist nun 9 Monate und ich stille ihn immer noch. Ich gehe abends oft mit den Kindern ins Bett, ich muss mir meine Energie so einteilen, dass ich am Wochenende 3 bis 4 Mal spielen kann.
Veronika: Aber ich muss sagen, du bist jetzt so gut wie noch nie auf der Bühne, Christine! Man merkt, das ist einfach die Zeit, die du für dich hast, und die genießt du. Unsere Konzerte sind jetzt einfach noch viel besser, weil Christine so die Sau rauslässt (lacht)!
Wie sieht die Rollenverteilung innerhalb der Band aus?
Katharina: Das ist ganz klar aufgeteilt. Ich bin der Hauptkomponist. Dann gibt es die Veronika, die schreibt total super Sachen, aber von denen könnten wir nicht leben (alle drei lachen). Deswegen kommen ihre Lieder als Würze in das ganze Potpourri. Und die Christine ist diejenige, die auf der Bühne wahrscheinlich von uns die größte Rampensau ist. Sie ist auch Stegreif gut und kann toll ausarbeiten und interpretieren.
Welches Ereignis in eurer beruflichen Laufbahn ist euch am stärksten in Erinnerung geblieben?
Christine: Die Reisen zu den UNO-Soldaten. Wir wurden vom Kommando internationaler Einsätze als Musiker zur Unterhaltung der Soldaten nach Syrien, Zypern und in den Kosovo geschickt. Einerseits wirst du als Star hofiert, andererseits schläfst du genauso in Baracken und gibst im Speisesaal auf Bierkisten ein Konzert, währenddessen es einen Stromausfall gibt und du plötzlich mit 50 Soldaten, die schon jahrelang keine Frau gesehen haben, im dunklen Raum stehst.
Veronika: Witziges Detail am Rande: Keiner unserer Männer war je beim Bundesheer, wegen Untauglichkeit oder wegen Berufsbefreiung, aber wir drei haben die Bronzene Ehrennadel des Bundesheeres bekommen (alle drei lachen).
Was erwartet die Zuschauer in eurem neuen Programm „Wahnsinnlich“, das im März Premiere feiert?
Katharina: Wir nennen es den „Abend der großen Gefühle“. Sinnvolle Themen, die intensive Gefühle auslösen, nicht nur gute, sondern die gesamte Palette.
Was ist für euch zum Beispiel eine irrsinnig emotionale Situation?
Katharina: Bei mir war das zum Beispiel der Tag, als ich morgens aufstand und spürte, dass ich keine 20 mehr bin. Ich hatte meinen ersten Hexenschuss, und das war abgesehen vom Schmerz ein ganz intensives Gefühl für mich. Die eigene Endlichkeit zu spüren hat etwas in mir ausgelöst.
Veronika: Zu dem Thema hab ich auch etwas geschrieben: „Mein Leben – eine Episode zwischen zwei Nichtsen“. Irgendwann kommt der Tag, da merkst du, dein Leben existiert nur zwischen einem nichts und dem anderen nichts, dazwischen sind halt ein paar Jahre. Für mich ist das alles, aber für den Rest der Welt ist es nichts. Das ist ein großes Gefühl.
Katharina: Wir haben aber auch sehr genussvolle Lieder. Genuss ist für uns im Alltag extrem wichtig. Man kann vieles genießen: wenn man morgens ein paar Minuten länger im Bett bleiben kann; wenn die Kinder schön spielen; Gaumenfreuden; bis hin zu zwischenmenschlichen Beziehungen.
Zum Thema Älterwerden: Ist die Zahl des Alters ein Thema für euch?
Katharina: Ich hatte schon mit 30 eine intrinsische Liebe zu mir selbst. Die sollte spätestens mit 40 jeder haben, dass man nicht mehr die Bestätigung von außen braucht, sondern dass die aus einem selbst kommt. Mir tun alle leid, die es schlimm finden, 40 zu werden. Weil das heißt ja nur, die haben sich noch nicht so akzeptiert, wie sie sind.
Christine: Als ich noch ein Kind war, hab ich Erwachsene oft von attraktiven Menschen sprechen gehört, dann wollte ich wissen, was das bedeutet. Meine Eltern haben gesagt, das sind Menschen, die strahlen, mit denen man sich gerne umgibt – egal, ob die jetzt klein, groß, dick oder dünn, schiach oder schön sind. Da hab ich mir schon als Kind gedacht, wurscht was kommt, ich möchte ein attraktiver Mensch sein (alle drei lachen).
Katharina: Ist dir auch gelungen!
Veronika: Ich glaube, je reflektierter ein Mensch ist, umso mehr sieht er jeden Tag, den er erlebt, als Tag, an dem er Erfahrungen machen und ausweiten kann. Ich möchte keinen Tag jünger sein, als ich bin, und keine Erfahrung missen. Ich freue mich aufs Älterwerden und alles, was noch kommt.
Dornrosen Live
Für die Veranstaltung am 12. April 2018, „Wahnsinnlich“ im Grazer Orpheum verlosen wir 2 x 2 Eintrittskarten hier.