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Lifestyle | 31.01.2023

Mehr Lust auf Lust?

Jede dritte Frau ist im Laufe ihres Lebens von sexueller Unlust betroffen, bei jeder zehnten Frau ist diese Lustlosigkeit mit einem persönlichen Leidensdruck verbunden. Oftmals sind medizinische Ursachen der Auslöser.

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© Shutterstock

STEIRERIN: Ist Lustlosigkeit immer nur „Kopfsache“?
Yas Palli-Razmara: Nein. Weibliche Sexualstörungen und Lustlosigkeit können auch durch chronische Erkrankungen bedingt sein. Beispielsweise chronisch entzündliche oder infektiöse Urogenitalerkrankungen, die zu wiederkehrenden körperlichen Beschwerden und depressiven Verstimmungen führen, gehen vielfach mit Nachlassen des sexuellen Verlangens einher.

Welche Folgen kann das haben, falls die Ursachen unbehandelt bleiben?
Die sexuellen Dysfunktionen der Frau neigen zur Ausweitung – mit dem Libidoverlust oder auch den Schmerzstörungen als Endstrecke der Entwicklung.

Gibt es unterschiedliche Arten der Sexualstörung?
Man sollte Störungen des sexuellen Interesses wie Lust an der Sexualität von den Störungen der sexuellen Funktion wie Erregungsstörung, Orgasmusstörung und Vulvodynie – also chronische Schmerzzustände im Bereich des äußeren Geschlechtsorgans der Frau – unterscheiden.

Wie hoch ist der Leidensdruck der Patientinnen?
Sexuell bedingte Schmerzen bedeuten eine extreme Belastung des Sexuallebens, da Schmerzen das Erleben von Lust und Erregung stark einschränken oder ganz unmöglich machen. Die Schmerzsyndrome reichen in manchen Fällen sogar so weit, dass eine Penetration aufgrund einer starken Anspannung und Verkrampfung der Scheidenmuskulatur nicht möglich ist.

Inwiefern hat das Einfluss auf die Orgasmusfähigkeit?
Durch chronische körperliche Beschwerden oder durch hormonelle Störungen lässt mit der Zeit auch die Erregungsfähigkeit nach und das Erleben eines Orgasmus wird immer seltener.

 

"Sexuell bedingte Schmerzen
bedeuten eine extreme
Belastung des Sexuallebens."

Yas Palli-Razmara

 

Wird auch Zärtlichkeit abgelehnt?
Der Wunsch nach Zärtlichkeit und Intimität ist nach wie vor vorhanden, jedoch werden diese Wünsche aber meist nicht mehr befriedigt, da die körperliche Nähe und Geschlechtsverkehr wegen Schmerzen vermieden werden.

Welche Rolle spielt ein Mangel an Östrogen?
Das Östrogen ist nicht nur für die sexuellen Funktionen von Bedeutung, sondern auch für die urogenitale Stabilität bei wiederkehrenden Infektionen und Beschwerden. Hier können lokale Östrogenpräparate, die es als Cremes oder Vaginaltabletten beziehungsweise Zäpfchen gibt, wirksame Hilfe leisten.

Wie sollte man bei Beschwerden vorgehen?
Der erste Schritt besteht darin, dass die Patientinnen selbst die Probleme in ihrer Sexualität erkennen, dann schließt das Gespräch an – mit dem Partner und mit der Ärztin oder dem Arzt. Eine ausführliche urologische/gynäkologische Untersuchung und Behandlung der chronischen Erkrankungen bei den Frauen sollte individuell durchgeführt werden. Grundsätzlich kann man hormonelle und nicht-hormonelle Behandlungsoptionen unterscheiden.

Wie effektiv sind Therapien?
Die Erfahrung zeigt, dass circa 40 Prozent der sexuellen Dysfunktion bei Frauen mit chronischen Urogenitalerkrankungen bereits durch einige Beratungsgespräche gebessert werden können. Dabei lässt sich auch die Indikation für eine Sexualtherapie beziehungsweise Psychotherapie ableiten. Eine Sexualberatung lässt sich sehr effektiv mit einer medikamentösen Behandlung kombinieren und deren Effektivität verbessern.

Wozu dient eine Sexualtherapie?
Es ist eine Anleitung zu konkreten Erfahrungen wie beispielsweise Übungen, die darauf fokussieren, negative Verhaltensmuster zu verändern. Außerdem ist es eine genaue Analyse der durchlebten negativen Erfahrungen, was man zur weiteren Planung in den Therapiesitzungen benötigt.

Wann ist eine Paartherapie sinnvoll?
Erfolgversprechend ist die Paartherapie, wenn der Partner in die Behandlung miteinbezogen wird, da ein wesentliches Ziel in der Verbesserung der emotionalen Nähe des Paares liegt. Außerdem geht es oft um entscheidende Dinge wie die Verbesserung der gegenseitigen Stimulation und der erotischen Atmosphäre, die Berichtigung von Lerndefiziten und unrealistischen Erwartungen sowie den Abbau von selbstzerstörerischen Faktoren wie Leistungsdruck und Versagensangst.


© Oliver Wolf

 

 

Yas Palli-Razmara, Fachärztin für Sexualmedizin, Urologie und Andrologie

www.urolgie-lichenpraxis.at