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Lifestyle | 02.08.2022

Brauchen wir genderneutrale Erziehung?

Unsere Kinder sollen sich frei entwickeln können und selbst entscheiden, wer sie sind. Müssen wir unsere traditionelle Erziehung überdenken?

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© Unsplash

Im Studium hat sich Sozialarbeiter:in Ines Müller auf Gender & Diversity spezialisiert. Seit 2019 berät Ines bei den RosaLila PantherInnen vorwiegend junge trans- und nichtbinäre Personen. Im Vereinslokal in der Annenstraße können sie sich informieren und mit Gleichgesinnten austauschen. Denn auch wenn wir schon weit gekommen sind: Immer noch ist es für queere Personen mit vielen Hürden verbunden, ihren Platz in einer heteronormativen Welt zu finden. Nicht nur, dass sie oft Abneigung erfahren – unsere traditionelle Erziehungsweise, die uns vorschreibt, wie man sich als Mann oder Frau zu verhalten und fühlen hat, macht es nicht leicht, sich von zugeschriebenen Geschlechter(rollen) zu lösen.

Sprache schafft Wirklichkeit

In Schweden ist genderneutrale Erziehung bereits seit den 2000ern ein Begriff. Das geschlechtsneutrale Pronomen hen macht es leichter. Im Deutschen gibt es nur er und sie. Die Alternative es ist abwertend. „Sprache schafft Realität“, sagt Ines, „daher muss man hier ansetzen.“ Je inklusiver wir sprechen, desto einfacher machen wir es anderen, vorurteilsfrei sie selbst zu sein.

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Sozialarbeiter:in Ines Müller. © Bernhard Schindler

Genderrollen aufbrechen

Wenn wir als Frau erzogen werden, werden uns bestimmte Eigenschaften zugeschrieben. Eingeteilt in Klischees sind wir fügsam und schwach, Männer stark und mutig. „Es gibt viele Kinderbücher, in denen Rollen aufgebrochen werden. Da ist z. B. Papa daheim und kocht und Mama macht Karriere. So sehen Kinder, dass sie sein können, wie sie möchten. Es ist wichtig, dass Geschichten anders erzählt werden.“ So ermöglichen wir es unseren Kindern nicht nur, sich frei in ihrer Identität und sexuellen Orientierung zu entfalten. Wir lösen sie auch von einschränkenden, geschlechtsbezogenen Stereotypen.

Genderrollen sind nicht angeboren, sie werden anerzogen

Unser biologisches Geschlecht bestimmt, ob wir als Junge oder Mädchen groß werden. „Wir teilen Menschen ein in typisch männlich und typisch weiblich. Es wäre schön, wenn wir in einer Welt aufwachsen könnten, wo wir frei sind von Geschlechterrollen und Stereotypen. Es ist wichtig, sich als Bezugsperson oder Elternteil damit auseinanderzusetzen. Wie spreche ich mit meinem Kind? Was schreibe ich ihm zu? Welche Kleidung und welches Spielzeug kaufe ich?“ Das ist oft gar nicht so leicht: In der Bubenabteilung findet man blau und Autos, bei den Mädchen rosa und Prinzessinnen.

„Als Bezugspersonen und Eltern sollten wir uns hinsetzen und darüber nachdenken, was wir selbst für stereotype Vorstellungen von Geschlecht und Gesellschaft haben. Dann können wir unsere Kinder auch aus diesen befreien.“