Lifestyle | 06.04.2022
Wie erkläre ich meinem Kind den Krieg?
Die negativen Ereignisse der letzten Jahre bedrücken die soziale Stimmung; das geht auch an unseren Kindern nicht vorbei. Schützen wir sie wirklich, indem wir Krisenthemen von ihnen fernhalten? Wir haben mit Josef Zollneritsch, dem Leiter der Abteilung Schulpsychologie der steirischen Bildungsdirektion gesprochen.
Frage vor Antwort
„Die Grundanforderung an Eltern ist, eine gute Kommunikationsbasis herzustellen“, so Zollneritsch. Als Eltern sollen wir signalisieren, dass wir kommunikationsbereit sind und sie sich mit ihren Ängsten und Sorgen an uns wenden können. Der psychologische Grundsatz lautet: Die Frage ist wichtiger als die Antwort. „Ich muss auch keine Antwort haben, nicht alles ist erklärbar. Aber ich lasse die Frage zu und nehme sie ernst: Ich merke, dass du Angst hast, und ich bin für dich da.“ Der zweite Grundsatz im Gespräch: Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. „Gerade bei kleineren Kindern ist es sehr wichtig, Hoffnung zu signalisieren und zu betonen, dass sich die Menschen bemühen, die schwierige Situation gemeinsam zu bewältigen.“

Schutz vor dem Bösen?
„Das ist weder sinnvoll noch möglich. Belastung, Probleme, der Tod, das ‚Böse‘ sind Teil der Menschheit. Sie sind real und daher auch zu thematisieren.“ So weh es uns auch tut, wenn die Kleinen weinen – „Das Kind darf auch traurig sein, es darf sich auch ängstigen. Es ist Teil der menschlichen Entwicklung und wichtig, um Resilienz aufzubauen.“
Krieg erklären
Wie spreche ich über den Krieg, wenn meine Kinder nicht von selbst zu mir kommen? Zollneritsch: „Es besteht kein Druck, den Kindern etwas aktiv zu erklären, wenn es in ihrer Realität nicht vorhanden ist. Sobald ich aber merke, mein Kind bewegt etwas, kann ich versuchen, es anzusprechen.“ Wir können dann etwa sagen, dass ein Land ein anderes angreift und Waffen dafür benutzt. Dass das natürlich ungerecht ist und viel Leid verursacht. Aber dass sich viele Menschen fest darum bemühen, diesen Krieg ganz schnell zu beenden. „Und noch mal, weil es so wichtig ist: Negatives immer mit sehr viel Hoffnung und Zuversicht unterlegen. Verdeutlichen, dass sich das Gute immer seinen Weg bahnt.“
Kommunikation als Chanc
„Ich wünsche es Eltern, offene Kommunikation aufzunehmen und sie als Chance zu sehen, mit ihren Kindern über alles sprechen zu können. Es stärkt auch die Beziehungsebene, wenn ich spüre, meine Eltern sind kommunikationsbereit – ‚Sie machen sich auch Sorgen, aber mit ihnen kann ich klasse reden.‘“