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Lifestyle | 02.03.2022

Eigenheim – (k)ein Glück allein

Schnell mal in der Wohnung außen eine Markise montiert. Klingt nach einer Kleinigkeit, kann aber dennoch zu Problemen und Diskussionen führen, sofern nicht die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer vorab eingeholt wurde. Rechtsexpertin Anna Lindner weiß Rat.

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© Shutterstock

STEIRERIN: Wer sich eine Wohnung kauft, nimmt viel Geld in die Hand, um sich ein Eigenheim zu schaffen. Was sollte aber gerade beim Kauf einer Wohnung vorab bedacht werden?
Anna Lindner: Mit Kauf eines Wohnungseigentumsobjektes „kauft“ man nicht nur eine Wohnung, sondern wird auch automatisch Teil einer Wohnungseigentumsgemeinschaft. Vor allem bei Wohnungseigentumsobjekten gibt es daher viele Punkte wie Benützungsregelungen, die Höhe der Rücklage sowie den Wohnungseigentumsvertrag selbst zu prüfen.

Vielen ist es nicht bewusst, dass zahlreiche Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt nicht allein beschlossen werden können.
Genau. Möchte ein Wohnungseigentümer Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt vornehmen, so ist zunächst zu unterscheiden, ob es sich hierbei um genehmigungsfreie oder genehmigungspflichtige Veränderungen handelt.

Was heißt das genau?
Grundsätzlich hat der Wohnungseigentümer das Recht, Änderungen – einschließlich Widmungsänderungen – an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf eigene Kosten vorzunehmen. Sobald jedoch die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Mit- und Wohnungseigentümer besteht, muss der änderungswillige Wohnungseigentümer die Zustimmung sämtlicher Mit- und Wohnungseigentümer einholen. Dieses Zustimmungserfordernis wird jedoch häufig übersehen.

Welche Änderungen sind beispielswiese zustimmungspflichtig?
Unter anderem die Anbringung einer Markise an der Außenfassade, die Anbringung eines Klimagerätes an der Fassade, der Anbau eines Balkons, das Aufstellen eines Schuhregales im Gangbereich, aber auch die Zusammenlegung zweier Wohnungen.

Gibt es Ausnahmen von dieser Zustimmungspflicht?
Nur bei bagatellhaften Umgestaltungen oder Änderungen kann eine Zustimmungspflicht verneint werden. Kriterien für die Abgrenzung sind die Geringfügigkeit, die Unerheblichkeit und die leichte Entfernbarkeit der Änderung. Hierzu zählt beispielsweise das Einschlagen von Nägeln, das Anbohren von Wänden, Malerei sowie Tapezierarbeiten sowie das Entfernen einer nichttragenden Innenwand, die keine gemeinschaftlich genutzten Versorgungsleitungen enthält.

Wenn bei Änderungswünschen die Zustimmung der übrigen oder einzelner Mit- und Wohnungseigentümer fehlt – welche Möglichkeiten gibt es dann noch?
Dann besteht die Möglichkeit, die Zustimmung durch das Gericht in einem Außerstreitverfahren ersetzen zu lassen. Abhängig von der Art der Veränderung sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen solch genehmigungspflichtiger Änderungen abgestuft. Betrifft die Änderung nur die eigene Wohnung, muss der Eigentümer dartun, dass weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses und keine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen vorliegt. Werden für eine solche Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen, so muss die Änderung weiters entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen.

Eine Novelle im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) soll nun eine Erleichterung in puncto Änderungsmöglichkeiten bringen. Inwiefern?
Die Novelle sieht eine sogenannte Zustimmungsfiktion für bestimmte Fälle vor. Demnach soll die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer als erteilt gelten, wenn sie von der geplanten Änderung durch Übersendung verständigt werden und der Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten widersprechen. Diese Zustimmungsfiktion soll u. a. für die Anbringung von sich in das Erscheinungsbild des Hauses harmonisch einfügenden Vorrichtungen zur Beschattung eines Wohnungseigentumsobjektes gelten.

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© Conversory

Anna Lindner, RA

www.lindner-rock.at


Wohnungseigentum und Miteigentum

Jede Wohnungseigentümerin/jeder Wohnungseigentümer ist nicht nur berechtigt, ihre/seine Wohnung ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu verfügen, sondern sie/er ist auch Miteigentümerin/Miteigentümer der (Gesamt-)Liegenschaft. Eine Liegenschaft besteht nicht nur aus den einzelnen Wohnungen, sondern auch aus Stiegenhäusern, Dächern, Fassaden, Heizungsräumen, Fahrradabstellplätzen, Müllräumen, Müllplätzen, Verkehrsflächen, Kinderwagenabstellplätzen etc. Bei diesen Teilen der Liegenschaft handelt es sich um sogenannte „allgemeine Teile“. Zahlreiche Angelegenheiten im Zusammenhang mit Wohnungseigentum müssen gemeinschaftlich geregelt werden. Die Eigentümergemeinschaft hat das Recht, über die Liegenschaft zu bestimmen. (Quelle: www.oesterreich.gv.at)