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Lifestyle | 23.04.2021

Sehnsucht nach Dolce Vita

Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Daher träumen wir uns ins nahe und aktuell doch noch ferne Triest. Ein exklusiver Lokalaugenschein vom steirischen Segelprofi Wolfgang Siebenhandl.

Text und Fotos: Wolfgang Siebenhandl

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Triest, wo Land auf Wasser trifft: die letzte Barcolana, …

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… Blick auf den alten Hafen, …

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… Blick auf Triest vom Süden aus …

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… und das Castello Miramare.

Wollen Sie schnell und bequem aus Europa nach Ostasien reisen? Nehmen Sie die Südbahn nach Triest, besteigen Sie einen Lloyddampfer und in weniger als drei Monaten sind Sie entspannt in Shanghai! – So hätte ein Werbeslogan vor etwas über hundert Jahren gelautet.
Bis heute hat Triest – gelegen in der norditalienischen Region Friaul-Julisch Venetien – von diesem Flair der weiten Welt nichts verloren, auch wenn derzeit regelmäßig nur noch die Fähren nach Albanien, Griechenland und in die Türkei verkehren. Fünf Kreuzfahrtschiffe sind momentan ungenützt hier geparkt und warten auf Gäste.

Immer noch ist diese Stadt innig mit dem Meer verbunden, was sich jedes Jahr am zweiten Sonntag im Oktober bei der größten Regatta der Welt, der Barcolana, zeigt. Bis zu 2.700 Segelboote sind dann vor der „fidelissima“ – die Treueste, wie Triest auch heißt – unterwegs. Dass die Gebäude an Wien erinnern, ist kein Zufall: Der Reichtum der Handelsstadt wurde ab dem achtzehnten Jahrhundert zur Schau gestellt: Sogar Maximilian, der jüngere Bruder Kaiser Franz Josefs, dessen Leben tragisch in Mexiko endete, ließ sich Schloss Miramar – mit Blick auf alle Schiffsbewegungen im Golf – erbauen.  Seit dem Ende des Ersten Weltkrieges ist Triest Teil des italienischen Nationalstaates, was sich am deutlichsten im Leuchtturm zum Gedenken an die Gefallenen ersehen lässt: „Faro della Vittoria“ – Leuchtturm des Sieges. Dabei hat gerade Triest durch diesen Krieg und seine Auswirkungen massiv verloren.

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Egal ob Canal Grande …

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… oder Molo Audace, Triest lädt zum Verweilen ein.

Die Welt in einer Stadt. Einzigartig ist die Mischung aus italienischem Flair, Wiener Architektur, slawischem Hinterland und Einflüssen aus aller Welt, in die sich von hier aus viele tausend Menschen auf den Weg machten, um ihr Glück zu versuchen. Ihren Stempel haben Illyrer und Römer, genauso wie die Venezianer und Habsburger, der Stadt aufgedrückt, sodass es hier kaum einen Ort gibt, der nicht von alten Geschichten erzählen könnte. Auch die deutsche Besetzung hat ihre Spuren hinterlassen, was man an der Gedenkstätte Risiera di San Sabba sehen kann, einem ehemaligen Konzentrationslager für Partisanen, politische Gefangene und Juden.

Viel hat sich seither getan: Nach dem Ende Jugoslawiens bekam die Stadt endlich wieder Aufwind, sodass man verfallende Gebäude renovieren und auch neuer Verwendung zuführen konnte. Es gab wieder Geld, die vielen Kunstschätze neu aufzustellen und Interessierten zugänglich zu machen. Musik und Veranstaltungen beleben die Stadt, die einst Schriftsteller inspirierte.

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Geballte Zahl an Sehenswürdigkeiten: Piazza Unità d’Italia, …

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… Faro della Vittoria …

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… und die alte Fischhalle 

Die Cafés locken. Jetzt, im Frühling, sitzt man schon wieder in und vor den Cafés, promeniert die Riva entlang, vorbei an der alten Fischhalle, oder trifft sich am Molo audace. Hier waren einst die drei Kriegsschiffe gesunken, die Kaiser Karl VI. angeschafft hatte, um sich vielleicht auch die eine oder andere Kolonie zu sichern – letztlich vergeblich. Doch es erschien der Stadtverwaltung nützlicher, gleich auf die Wracks Steine aufzuschlichten und damit die erste Anlegestelle für die großen Handelsschiffe zu schaffen, als den kolonialistischen Plan weiterzuverfolgen. Einige Sonnenhungrige haben sich hier schon ein Plätzchen im Windschatten eingerichtet, um ihre Haut der Sonne zuzuwenden.

In wenigen Wochen kann man wieder baden: Bis zum Schloss Miramar hinüber liegen dann die Einheimischen am Ufer, viele nützen auch die Badeanstalten, die sich nur wenige hundert Meter vom Stadtzentrum entfernt befinden. Fehlt also zum vollkommenen Glück nur noch das italienische Gelati – und das gibt es reichlich! So bleibt zu hoffen, dass in den Bergen wenige Kilometer entfernt bald der Schnee schmilzt und dass die Bora, die gelegentlich mit über 200 km/h über die Stadt fegt, bald wieder Pause macht.

Zur Person

Wolfgang Siebenhandl hat Mathematik und Theologie studiert. Vor zwei Jahren hat der Steirer seine Leidenschaft, das Segeln, zum Beruf gemacht und zeigt Gästen die schönsten Orte an der Adria, dem ionischen Meer und der Ägäis. Sein Stammrevier ist die obere italienische Adria. Segelausbildung, Vorträge und das Wissen über historische Zusammenhänge ergänzen das Angebot.

www.segelnundmeer.at