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Lifestyle | 13.08.2020

Gemeinsam verschieden

Rollenklischees durchbrechen, Selbstzweifel beseitigen und so zu einem stärkeren Ich finden – das will Karin Schnedlitz mit ihrem Projekt „Unfreaking fassbar“ erreichen. Die STEIRERIN hat mit der Initiatorin darüber gesprochen.

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© Unfreaking fassbar

Karin Schnedlitz hat das Projekt „Unfreaking fassbar“ ins Leben gerufen, das sich mit der Frage beschäftigt: Warum werden Frauen aufgrund ihres Körpers mehr bewertet als Männer? Für ihre Diplomarbeit hat sie die Problematik wissenschaftlich beleuchtet und möchte sich dem Thema auch in ihrem weiteren Berufsleben widmen.

None of your business. „My body is none of your business“ – das ist der Titel der Masterarbeit von Karin Schnedlitz und eine Angelegenheit, die uns Frauen jeden Tag betrifft. Nach ihrer Ausbildung zur Sozialpädagogin hat die heute 34-Jährige an der Karl-Franzens-Universität ihren Master in Erwachsenenbildung abgeschlossen. Während des Studiums ist ihr aufsehenerregendes Projekt „Unfreaking fassbar“ entstanden, in dem es um urteilende Kommentare zu Frauenkörpern geht. Das Thema ist ihr ein persönliches Anliegen.

„Ich habe solche Bemerkungen auch selbst zu hören bekommen. Nach der Geburt meines ersten Kindes waren die Leute irritiert, warum ich nicht so ausschaue wie vorher. Und ich war irritiert über die Frage.“ Medien arbeiten oft mit unrealistischen Körperbildern, und das prägt unsere Erwartungshaltung. Irgendwann hat Karin gemerkt, dass es nicht nur ihr so geht. „So etwas kränkt nicht nur mich, sondern viele Frauen. Wir leben in einer Welt, die davon ausgeht, dass es zwei Geschlechter gibt und nicht einfach nur Menschen. Uns werden aufgrund unseres biologischen Geschlechts von vornherein Attribute zugeschrieben und diese Bewertungen verfolgen uns.“ Allgegenwärtig ist auch das Besitzdenken über den weiblichen Körper. Der „male gaze“, also die männliche Sichtweise auf den Frauenkörper, dominiert Film und Serien. „Wenn Frauen als ‚stark‘ dargestellt werden, heißt es gleich, sie seien ‚hysterisch, bossy oder bitchy‘. Man möchte glauben, das hat sich stark verbessert. Zum Teil ja, aber diese Problematik ist tief in uns verankert. Das sieht man auch anhand verzerrter Bilder und bizarrer Challenges auf Social Media.“  

Bild 2006_ST_EM_Unfreak.jpg
© Unfreaking fassbar

Vielfalt ist schön. Da uns unsere Eltern auf die „Welt da draußen“ vorbereiten wollen, wachsen viele Frauen mit der Vorgabe auf, gewissen Standards zu entsprechen. „Da schwingt viel mehr mit, als man denkt: Haarentfernung oder BH und Make-Up zu tragen … Wir führen ‚Schönheitshandlungen‘ durch, um Anerkennung zu bekommen, oder einfach, um nicht aufzufallen. Man stelle sich vor, eine Frau sitzt mit Rock und unrasierten Beinen in einem Café, das löst Reaktionen aus. Wirklich eine Wahl hat man nicht, außer man hält extrem viel aus. Aber das kann ja nicht die Lösung sein.“
Wie könnte man dieser Erwartungshaltung entgegenwirken? „Die Einstellung propagieren und zeigen, dass Vielfalt was Schönes ist. Ich betrachte uns wie einen Garten, wie ein buntes, diverses Blumenbeet. Wir sollten uns nicht wegen Aussehen oder Lebensentwürfen verurteilen. Die Normalität lebt ja von Unterschieden, und das macht unser Leben erst farbenfroh.“

Bei ihren eigenen Kindern versucht sie, das tagtäglich vorzuleben. „Man kann damit beginnen, nicht negativ über den eigenen Körper zu sprechen. So ist es für die eigene Tochter schon leichter, das bei ihrer Tochter nicht zu machen. Wenn eine Frau es schafft, diesen Kreislauf zu durchbrechen, ebnet sie den Weg für die nächste Generation.“ Zudem hat sie versucht, geschlechtliche Rollenbilder nicht in ihre Erziehung einfließen zu lassen. Dazu gehört, Kleiderwahl oder Spielzeug nicht zu thematisieren und auch Körper nicht als „besser“ oder „schlechter“ zu bewerten. „So etwas kann man einfach weglassen. Kinder nehmen das so schnell auf. Man kann sie zwar nicht vor äußeren Einflüssen bewahren, aber daheim einen Anfang machen.“

Solidarität steigt. Karin empfindet es als positiv, dass sich aktuell viel bewegt, was die Solidarität zwischen Frauen angeht – gerade bei der jüngeren Generation. Auch Instagram an sich erachtet sie als nicht grundsätzlich negativ: „Es gibt ja auch viele Body-Positivity-Sachen oder Hashtags als Gegenmaßnahmen zu absurden Challenges. Man kann schon aussuchen, welche Inhalte man täglich sehen will.“ Sie hofft, dass sich so ein heilsames Verlagern des Fokus nachhaltig entwickelt und ein Umdenken stattfindet. In ihrer beruflichen Zukunft möchte sie die Message weiterhin nach außen tragen.

Hat sie noch eine Erkenntnis im Zuge ihrer Arbeit gewonnen, die sie mit uns teilen möchte? „Man kann es als Frau sowieso niemandem recht machen, warum also überhaupt versuchen (lacht)? Wir alle können bewusst darauf achten: Was mache ich für mich selbst, was für andere? Aus Rollenklischees auszubrechen kann sehr schwierig sein. Aber wenn wir nicht verurteilen, sondern Milde uns selbst gegenüber zeigen, fällt es leichter, dieses Bewusstsein zu vermitteln. Viele Frauen posten Fotos von ihrem echten Körper, manche reden sich den Mund fusselig und wieder andere schreiben darüber. Jede von uns kann einen Beitrag leisten, dass die Welt – langsam, aber sicher – immer besser wird. Da bleibe ich gerne optimistisch.“