Kinder, Kunst und andere Herzensangelegenheiten

Die steirische Künstlerin Sabrina Di Castello, 32, und ihre Partnerin Bianca wünschen sich ein Baby.

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© Sabrina Di Castello

Mit uns sprach das lesbische Paar über ihre Beziehung, die in keine Schublade passt, gesellschaftliche Herausforderungen und den Weg zum Wunschkind.

Ganz oft kommt’s im Leben anders als geplant. Nach gescheiterten Beziehungen wollten beide unabhängig bleiben. Wenn Partnerschaft, dann mit so viel Freiraum wie möglich. Ja nicht zu viel Zeit miteinander verbringen. Und schon gar nicht zusammenziehen.

Bianca, 36, und Sabrina Di Castello, 32, sitzen auf ihrer dunkelgrünen XL-Couch aus Samt mit hellgrüner Fleece-­Decke als Überwurf. Auf dem Sofa wird über das Leben gesprochen, über die schönen und nicht so schönen Dinge. Es ist der atmosphärische Ruhepol in ihrem Zuhause im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Das Möbelstück bietet Platz für Wünsche, Träume, Ideen und Zukunftspläne. Hier haben sie zum ersten Mal etwa über ihren Kinderwunsch geredet. Ein Jahr nachdem sie zusammengekommen sind. Nur wenige Monate später hatten sie ihren ersten Termin im Kinderwunschzentrum an der Wien. Ini­tiiert hat das quasi Sabrinas Stief­vater: „Wir sind mit ihm zusammengesessen, haben über Kinder gesprochen und gefühlt 1.000 Gründe gefunden, warum es jetzt nicht passt. Er meinte dann trocken: ,Einen richtigen Zeitpunkt für ein Kind gibt’s nie.‘ Der Satz hat nachgewirkt.“

Wertschätzung, Vertrauen und Ehrlichkeit

„Eigentlich verrückt, wenn man denkt, dass wir uns beide geschworen haben, nie wieder einen Menschen so nah an uns heranzulassen“, so Sabrina Di Castello, die ursprünglich aus Neuberg an der Mürz kommt. Aber zwischen ihnen hat’s einfach gepasst, erzählt Bianca weiter. „Da war von Anfang an so viel Wertschätzung, Vertrauen und Ehrlichkeit. So sicher wie miteinander waren wir uns noch nie.“ Ein toller Anfang einer wunderbaren Liebesgeschichte, an der alle auf Social Media teilhaben dürfen.

Als Paar nicht ernst genommen

Die Wienerin Bianca ist seit 2018 Influencerin und Digital Creator. Unter dem Namen „bfullofdreams“ postet sie Life­style-­Content und leistet Aufklärungsarbeit für die LGBTQ+-Community. Auch Künstlerin Sabrina hat den Anspruch, mit ihrer Reichweite möglichst viel zu einer toleranten Gesellschaft beizutragen: „Wir werden noch immer so oft blöd angeschaut, werden als Paar einfach nicht ernst genommen, sondern vor allem von Männern oft sexualisiert. Wir müssen uns permanent rechtfertigen und erklären. Das frustriert. Es braucht noch viel mehr an Aufklärung, vor allem in Kindergärten und Schulen.“

Der Pride Month ist auf alle Fälle wichtig für positive Entwicklungen. „Auch wenn’s nach einer großen Party aussieht, ist’s eine Demo.“ Deren Ursprung liegt 54 Jahre zurück. Da wurde der erste bekannte Aufstand von queeren Menschen gegen die Polizeiwillkür in New York dokumentiert. Ein halbes Jahrhundert später werden in vielen Ländern noch immer Menschen für ihre Sexualität gesteinigt. „Das muss sich endlich ändern. Zum Glück supporten uns mehr und mehr Unternehmen und verhelfen uns so zu mehr Öffentlichkeit“, so Sabrina. Wie etwa die Baumarktkette OBI. Der Auftrag der Firma: ein Bild, das für Transparenz und Toleranz steht. Ein weiteres Highlight in der Karriere der Steirerin.

Mit Malen raus aus der Ohnmacht

In der Kunstszene hat sie sich längst einen Namen gemacht. In der Vergangenheit hatte sie Ausstellungen in Shanghai, New York, Wien und Marbella. Dabei hat die 32-Jährige vor sechs Jahren zum ersten Mal überhaupt ein Bild gemalt. „2017 war ich finanziell und psychisch am Boden. Damals bin ich in ein Geschäft gegangen und wollte mir einen Block kaufen, um meine Gefühle niederzuschreiben. In einem Regal sah ich eine Leinwand, die mich angezogen hat. Ich hatte noch 35 Euro. Zusammen mit Kohlestiften habe ich sie mit meinem letzten Geld gekauft und ein düsteres Bild gemalt.“ Das hat sie auf Facebook hochgeladen und die Dinge nahmen ihren Lauf. „Für 30 Euro verkaufte ich meine ersten Werke.“ Heute kosten ihre Bilder mehrere tausend Euro.

Junge Talente fördern

Das Malen hilft Sabrina, die früher mit Pferden gearbeitet hat, auch heute noch dabei, ihre Emotionen auszudrücken. „Kunst ist mir deshalb heilig. Und ich möchte junge Talente fördern.“ Zusammen mit ihrer Lebenspartnerin Bianca hat sie 2022 das Kunst-Event „United Art Vienna“ organisiert. Ein voller Erfolg: „Das Konzept kam beim Publikum gut an. Die Künstler hat’s gefreut, weil viele Bilder verkauft wurden. Und wir zwei haben gesehen, wie gut wir miteinander funktionieren. Vor allem dann, wenn’s mal stressig wird.“

Starker Zusammenhalt

Auch während der Hormon-Therapie, durch die beide für ihren Kinderwunsch durchmussten, haben sie sich gegenseitig unterstützt. Das Paar hat sich für eine Partnerinnen-Spende entschieden. Konkret heißt das: Die Eizellen von Bianca werden mit Spender-Samenzellen befruchtet und in Sabrinas Gebärmutter eingepflanzt. Wenn alles gut geht, nistet sich der Embryo ein. „Sosehr wir uns über jeden Schritt freuen, geht das Ganze doch sehr an die Substanz“, erklären die beiden, „nicht nur wegen der Hormone. Man muss so viel warten, hoffen, wünschen.“ Dann scheiterte auch noch der erste Versuch. „Das hat uns kurz aus der Bahn geworfen. Aber wir haben uns gegenseitig aufgebaut und probieren es weiter.“

Für den Fall, dass alles klappt, gibt’s auch schon viele Zukunftspläne: „Wir möchten mit unserem Kind reisen, ihm so viel wie möglich von der Welt zeigen.“ Einer Welt, in der es bald keine Coming-outs mehr gibt. „Weil die dann hoffentlich nicht mehr notwendig sind und wir alle wirklich so leben können, wie wir möchten. Einer Welt, in der ,Normal-Sein‘ ganz viele Facetten hat.“

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