Bretter, die die Welt bedeuten

Allrounderin Lizz Görgl stand mit insgesamt 42 Podestplätzen in allen Ski-Weltcup-Disziplinen auf dem Podest. Jetzt ist sie Speakerin und lebt zusätzlich erfolgreich ihre zweite Leidenschaft: Singen.

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© Thomas Luef

Bei einem reichhaltigen Frühstück im Grandhotel Wiesler erzählt Lizz Görgl von ihrem ersten gewonnenen Rennen. „Das war ein steirisches Kinderrennen in Obdach. Ich war 10 Jahre alt und wollte unbedingt in die Skihauptschule Schladming. Ich hatte zwar keine gute Bewertung bei der Ski-Aufnahmsprüfung, sie meinten aber, sie ist ja die Tochter von der Traudl Hecher und motorisch ganz gut, geben wir ihr eine Chance.“ Innerhalb von drei Monaten war Lizz Görgl beim Skifahren dann die Beste ihrer Klasse. Beim ersten Rennen landete sie auf Platz drei, danach auf Platz zwei. „Das dritte Rennen bin ich erstmals mit einem Rennanzug gefahren, den ich mir von einer Trainerin ausgeborgt hatte – und ab da habe ich immer gewonnen.“

Von der Piste auf die Bühne

Sie liebte nicht nur das Sieger-Podest, sondern überhaupt die Bühne. „Ich habe immer schon gern gesungen und getanzt“, lächelt Lizz Görgl. „Ich war vier oder fünf Jahre alt, als wir Kinder unsere Mama begleiteten, die zu einem Legendentreffen der Skistars im Zürserhof eingeladen war. Da habe ich in der Disco bereits voll abgetanzt. Sogar im Unterricht habe ich gesungen und es erst gemerkt, als die Lehrerin meinte, ich solle aufhören, sonst müsste ich in die Ecke – und Ecke-Stehen musste ich öfters“, lacht die erfolgreiche Skifahrerin. Sehr ehrlich erzählt sie, dass sie sich mit Grenzen und Regeln immer schon schwergetan hat. „Aber für Spitzensportler sind Grenzen ja nur da, um sie zu weiten.“ Es war im Dezember 2010, als sie gebeten wurde, in Garmisch den WM-Song zu singen. „Wie immer spürte ich in mich rein und als es sich wie reine Freude anfühlte, sagte ich zu. Bei der Eröffnung habe ich vor 3.000 Menschen mit der Band live gespielt – und am nächsten Tag den Super-G gewonnen.“

Elisabeth „Lizz“ Görgl, geboren am 20. Februar 1981 in Bruck/Mur, ist eine ehemalige österreichische Skirennläuferin. Seit ihrem Rücktritt im Juni 2017 ist sie als Sängerin tätig. Als Allrounderin konnte sie Podestplätze in allen Weltcup-Disziplinen feiern. Ihr größter Erfolg war der Doppelweltmeister­titel 2011 im Super-G und in der Abfahrt. Mit Begeisterung engagiert sich Lizz Görgl für Projekte wie „BioBienenApfel“, „Urwaldfreunde“ und „Debra Austria“. © Thomas Luef

Attribute eines Spitzensportlers wie Fokussierung, Fleiß und mentale Stärke kommen ihr bei allem zugute. „Gewisse Veranlagungen, bestimmte Haltungen und Tugenden, die man durch den Sport gewinnt und optimiert, kann mir niemand mehr nehmen. Ich weiß, was ich brauche, damit etwas für mich funktioniert, und wie ich mit Widerständen oder Krisen am besten umgehe. Und ich habe den Weitblick, zu erkennen, wenn etwas überhaupt keinen Sinn hat.“ Während ihrer Sportkarriere hatte sie zwar wenig Zeit neben dem Sport, „aber gemeinsam mit meinem Persönlichkeits-Coach habe ich mich immer mit meiner Entwicklung beschäftigt. Meine Innen- und Außenwahrnehmung war mir stets wichtig. Ich höre viel auf mein Gefühl und mein Herz, versuche aber auch, meinen Verstand einzubeziehen.“

Das richtige Mindset

Nach Beendigung ihrer Sportkarriere machte Lizz Görgl, die auch gerne tiefgründige Gespräche führt, unter anderem eine englischsprachige Entrepreneurship-Ausbildung und eine Mentaltrainerausbildung. Sie ist staatlich geprüfte Konditionstrainerin, hat den Master für Trainingstherapie und Prävention und absolviert gerade ein Studium zum systemischen Coach. „Ich habe mir von klein auf die Fragen gestellt: ‚Wer bin ich, woher komme ich und wohin gehe ich?‘, war an Philosophie interessiert und habe mich mit den Weltreligionen beschäftigt.“
Für die Vorbereitung auf sportliche Leistungen und Bühnenauftritte hat sie ihr eigenes Ritual. „Das hat sich bis heute nicht geändert: Ich meditiere, trete mit mir selbst und meinem Innersten in Kontakt, bis Körper, Geist und Seele als Ganzes ineinandergreifen.“
Ihre Erfahrungen aus 25 Jahren Spitzensport gibt sie in Verbindung mit ihren Ausbildungen gerne in Vorträgen und Workshops weiter. „Ich mag es, mit Menschen zu arbeiten, und biete mein Wissen beispielsweise Firmen an. Hier geht es um Mindset-Themen oder wie man Bewegung beispielsweise ganz einfach in den Alltag einbauen kann oder auch warum Bewegung überhaupt so wichtig ist.“
2019 gewann Lizz Görgl bei Dancing Stars, 2021 kam sie bei The Masked Singer Austria als „Weintraube“ ins Semifinale und versuchte sich später auch bei Ninja Warriors. „Das war heftig, denn es war eine ganz andere Art von Training. Ich habe zwar viel Kraft im Arm und eine gute Körpermasse, aber da ist es von Vorteil, wenn man eine Gazelle ist“, lacht sie. „Ich probiere sehr gerne alles aus, was mir Spaß macht und was ich spannend finde.“

© Thomas Luef

Leidenschaft Musik

In ihren Songs schreibt Lizz Görgl über das, was sie bewegt. „Meine Songs sind autobiografisch und lassen einen direkten Blick in mein Innerstes zu. Mein aktueller Song ,Wie schön des Leben is‘ wurde soeben veröffentlicht und handelt vor allem von meinen inneren Fragen und der Dankbarkeit fürs Leben. Er betont die ‚vermeintlich‘ kleinen Dinge im Leben, die mir Freude bereiten, und fühlt sich sommerlich leicht und beschwingt an. Sämtliche Dreharbeiten fanden dieses Mal in Graz statt – in Zusammenarbeit mit Jacqueline Ibrahim von CredisoMedia. Sie ist Grazerin und eine großartige Videografin, die mittlerweile schon das dritte Musikvideo für mich umgesetzt hat. Die Ergebnisse werden pünktlich im Herbst zu meinem Debütalbum-Release veröffentlicht.“

„Ich höre viel auf mein Gefühl und mein Herz, versuche aber trotzdem, meinen Verstand einzuschalten.“

Lizz Görgl

Für ihre Musik und Musikvideos arbeitet Lizz Görgl mit verschiedenen KünstlerInnen wie etwa Rebecca Rapp, Gregor Huber, Stefan Holoubek, Nina Saurugg, Lukas Plöchl oder Matteo Vegetti zusammen. „Es macht viel Spaß, mit so coolen und unterschiedlichen Menschen zu arbeiten.“ Authentizität ist ihr sehr wichtig, „verstellte und affektierte Geschichten kann ich nicht leiden, da spüre ich sofort inneren Widerstand.“
Neben einigen Auftritten heuer, wie zum Beispiel beim Donauinsel-Fest, arbeitet Lizz Görgl auch an der Umsetzung ihrer vielen neuen Ideen. „Es sind immer Themen, die mir am Herzen liegen und mich beschäftigen“, kommt es von der erfolgreichen, sehr selbstreflektierten, aber auch geerdeten Steirerin. „Ich glaube, ich brauche nicht viel, damit ich happy bin: die Natur, was Vernünftiges zu essen und liebe Menschen – und Zeit für mich selbst.“

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